Gewehrbeschaffung: Die Scharfschützenkompanie Wildschönau ist mit sogenannten Schweizer Gewehren ausgerüstet. Hier wird erklärt wie die Beschaffung im Allgemeinen vor sich ging.


Zum Nord- und Osttiroler Schützen gehört das Gewehr, während dem Südtiroler dies verwehrt bleibt. Nicht einmal zu Prozessionen, etwa zum Schutz des Allerheiligsten, dürfen in Südtirol die Gewehre geschultert werden. Die Schützen empfinden das als ungerecht und bitter, denn die Waffe in der Hand des Tiroler Schützen ist Zeichen und Symbol Tiroler Wehrhaftigkeit seit dem berühmten Landlibell von 1511.

Der Waffengebrauch diente in Tirol nie dem Angriff, sondern nur der Verteidigung der Heimat und war im Frieden beschränkt auf den Schießsport. Daher ist die Waffenfreiheit hier nie ausgeartet wie etwa in Amerika.

Bei der Gründung des Bundes der Tiroler Schützenkompanien 1950 gab es vor allem politische Schwierigkeiten. Es ist heute kaum zu glauben, welche Probleme die Gewehrfrage in den ersten Jahren aufwarf.

Die Besatzungstruppen des Zweiten Weltkrieges hatten die Gewehre beschlagnahmt oder vernichtet (es wurden Schadenersatzansprüche an die Militärbehörde erhoben), so dass nur noch wenige vorhanden bzw. aufzufinden waren. Von den österreichischen Behörden Gewehre zu bekommen, war ganz ausgeschlossen. Erst mit dem Staatsvertragsabschluß 1955 hoffte man auf freie Gewehre, denn Exekutive und Militär würden moderne Waffen wünschen. Somit gäbe es alte Gewehre für die Schützen.

Da aber die Schützenkompanien selbst nur dem Bund und sonst niemandem gemeldet waren, hatte man auch mit den Waffen vorsichtig zu sein. Man riet den Schützen, sich an die Bauern zu wenden, die vereinzelt Gewehre versteckt hielten, um diese zu erbitten und einzusammeln. Auf diesem Wege konnten mehrere Kompanien Gewehre selbst besorgen. Die Kompanie erhielt dann eine Bestätigung, dass Gewehre von der Landesregierung dem Bund für diese Kompanie übergeben worden seien. Zunächst lieh man Gewehre von Gendarmerie und Bund. Im April 1951 übergab der Bund dem Kommando der Schützenkompanie Karres 15 Gewehre leihweise, bis dieselben durch andere, einheitliche, ersetzt werden konnten.

Der Bund - allen voran Major Roilo, Präsident Schumacher, Major Schumacher (Oberinntal) und natürlich Major Steinlechner - besorgten die Gewehre.
Major Roilo vom Oberinntaler Schützenregiment lag das Schießwesen besonders am Herzen. Dieser "Vater der Gewehre" scheute keine Mühe, um für seine Schützen Gewehre aus der Schweiz zu bekommen. Die von ihm besorgten Gewehre kamen auch ins Unterland und teilweise nach Osttirol. Er bemühte sich auch um Kapselzangen aus Deutschland.
Schützenmajor Hans Schumacher, Oberinntal, hat 1953 einen günstigen Ankauf Schweizer Gewehre durch die Fürsprache eines Schweizer Gastes bei der Schweizer Regierung möglich gemacht. Die Schweizer Forderung von 50 Franken pro Gewehr wurde dabei auf 5 Franken heruntergehandelt. Auch Präsident Schumacher setzte sich mit vielen Stellen in Verbindung, um Gewehre zu beschaffen. Als einer der ersten nahm Landeshauptmann Weißgatterer die Gewehrfrage in die Hand. An jede Kompanie wurde ein Fragebogen über den Bedarf an Gewehren und Säbeln gesandt. Dabei kam es auch vor, dass eine Kompanie mehr Gewehre bestellte, als sie Mann hatte!

Der Bund kann und wird Gewehre besorgen, bezahlt werden müssen diese aber von den Kompanien selbst oder von den Gemeinden. Eine Gemeinde stellte den Schützen gern dieses Geld zur Verfügung, denn als Kulturträger sind die Schützen weder bei kirchlichen noch bei weltlichen Anlässen aus dem Dorfleben wegzudenken.
Nach einer Unterredung zwischen dem Innenminister und dem Landeshauptmann von Tirol, Dr. Hans Tschiggfrey, mußten die Gewehre nicht unmittelbar nach dem Festzug 1959 zurückgegeben werden.

Das Bundesministerium für Inneres teilte im November 1959 dem Bundesministerium für Landesverteidigung mit, dass der dauernden Überlassung der seinerzeit vom Bundesheer den Tiroler Schützenkompanien leihweise zur Verfügung gestellten 500 Militärgewehre unter den folgenden Bedingungen zugestimmt werde:

Gewehre sind zu inventarisieren und dem Land und der Sicherheitsdirektion nachzuweisen.
Die Weitergabe der Gewehre an andere Schützenvereine (außer Tirol) erfolgt nur mit Zustimmung der Landesregierung.
Der Weitergabe an andere Organisationen kann nicht zugestimmt werden.
Da diese Zustimmung nur im Hinblick auf die alten Privilegien in Tirol erteilt wird, kann aus ihr unter keinen Umständen ein Präjudizfall für andere Bundesländer abgeleitet werden.
Diese Entscheidung des Innenministeriums bedeutete die Anerkennung der alten und traditionsreichen Privilegien Tirols. Auch im Jahr 1967 wurden dem Bund der Tiroler Schützenkompanien 756 Gewehre, 44 ohne Bajonett, überlassen. Weiters wurde dem Bundesministerium für Landesverteidigung vom Bundesministerium für Inneres mitgeteilt, dass auch gegen die Überlassung von Knallpatronen kein Einwand bestehe.

Ein Jahr später wurde um die Einfuhr von 9000 Platzpatronen aus der Schweiz ange-sucht. Die Sicherheitsdirektion fand dagegen keine Einwände. Ebenso konnten alte In-fan-teriegewehre Modell 11, Kaliber 7.5 mm nun bedenkenlos aus der Schweiz nach Tirol importiert werden.  Quelle: Bund der Tiroler Schützen

Entstehung der Scharfschützen

Die verschiedenen Kompanien haben oft verschiedene Zusätze wie etwa Standschützen oder bei uns Scharfschützen. Hier eine kurze Erläuterung was es damit auf sich hat.

Nach dem Aufkommen der Stachelbüchsen, wie die Feuergewehre genannt wurden, im 16. und 17. Jahrhundert, gab es auch in TIROL eine starke Bewegung in dieser Richtung. In vielen Gemeinden wurden Schießstände errichtet, und die TIROLER übten sich im Schießen. Dies färbte auch auf die Landesverteidigung ab, da man höherorts der Ansicht war, dass eigene Scharfschützenkompanien großen Erfolg hätten. Von den Landesfürsten wurde dieses Schießen ganz besonders gefördert, und sie gaben Preise, meistens in Form von Gebrauchsgütern, die die Bauern brauchten, wie z.B. Hosenstoff etc.

Bei der Abwehr des Bayrischen Einfalles in TIROL
im Jahre 1703 hatten sich die Scheiben-schützen sehr bewährt. Die kaiserliche Verordnung vom Jahre 1714 bestimmte dann, dass ein eigenes Scheibenschützenregiment zu formieren sei. 1738 wurde dann eine allgemeine Schießstandordnung für das ganze Land erlassen, um die Scharf- und Scheiben-schützen mehr denn je für die Landesverteidigung heranzuziehen. 1741 wurden dann zwei, und anschließend ein Scharfschützenkorps in vier Regimenter gegliedert, gebildet. Diese Regimenter hatten zwischen 6 und 8 Kompanien mit einer gesamten Stärke von 4.500 Mann. Weil man in diesen Regimentern nicht mehr exerzieren brauchte, wollte so Mancher von der Landmiliz überwechseln. Aus diesem Grunde mußte die Regierung einen Befehl erlassen, der besagt, dass jeder Militiote zuerst bei der Milz seine vier Jahre abzudienen habe, bis er zu den Scharfschützen übertreten konnte.

Aus diesen Schießstandschützen sind dann die Standschützen hervogegangen, die beim Kriegsausbruch mit ITALIEN im Jahre 1915 innerhalb eines Tages 24.000 Mann, gegliedert in 45 Bataillonen, aus den Talschaften mobilisierten und an die Südfront abgingen, um TIROL zu verteidigen. Allerdings waren das Solche, die entweder noch nicht, oder nicht mehr wehrpflichtig waren.
1825 / 162 Schießstände
1849 / 269 Schießstände
1861 / 326 Schießstände
1875 / 330 Schießstände 16.200 Standschützen (inrolliert)
1895 / 361 Schießstände 36.100 Standschützen (inrolliert)
1913 / 444 Schießstände 65.500 Standschützen (inrolliert)

Aufschlüsselung nach Gemeinden im Jahre 1909

NORDTIROL 262 Gemeinden 176 Schießstände
DEUTSCH - SÜDTIROL 291Gemeinden 193 Schießstände
WELSCHTIROL 346 Gemeinden 56 Schießstände

Quelle: Bund der Tiroler Schützen